Scheitern erlaubt: Wie Prozessmoderation Teams stärker macht

Beitrag teilen:

Prozessmoderation

Stell dir vor, du betrittst einen Raum.
Am Tisch sitzen 15 Führungskräfte.
Einige werfen sich verstohlene Blicke zu, andere starren angestrengt auf ihre Unterlagen. Die Luft ist dicht, fast greifbar – voller unausgesprochener Worte, unterschwelliger Spannungen und der stillen Hoffnung, dass irgendwer den ersten Schritt macht. So begann mein Tag einer Prozessmoderation bei einem meiner letzten Projekte. Und genau hier zeigt sich die wahre Kunst der Prozessmoderation: Aus einem losen Haufen von Einzelteilen ein stabiles, tragfähiges Netzwerk zu schaffen, das leistungsstark agieren kann.

Dazu ist eine gute Prozessmoderation weit mehr als ein Methodenbaukasten. Sie ist wie ein Kompass, der Menschen durch unübersichtliches Gelände navigiert. Dabei geht es nicht nur darum, ein Ziel klar im Blick zu haben, sondern auch darum, flexibel auf Hindernisse zu reagieren und die Gruppe behutsam, aber bestimmt zu leiten. Besonders wichtig ist es, das Chaos willkommen zu heißen – denn genau in diesen Momenten liegen oft die größten Potenziale für neue Ideen und echte Veränderungen.

Vertrauen aufbauen: Der erste Schritt einer Prozessmoderation

Ein gelungener Prozess beginnt mit Vertrauen. Und Vertrauen braucht Zeit. Ich nehme mir immer die Zeit, dass mich das Team „beschnuppern“ kann, dass die Atmosphäre sich lockert und alle spüren: Hier sind wir in einem geschützten Raum.

In diesem Projekt war es besonders einfach, weil ich das Team schon kannte. Doch auch dann sind Formate wie soziometrische Aufstellungen oder kreative Warm-ups und Übungen entscheidend. Solche Methoden machen die Menschen nicht nur offen für Gespräche, sondern schaffen eine Basis, auf der echtes Verständnis entstehen kann.

Die Rollenlandkarte: Ein Spiegel der Teamdynamik

Die Arbeit mit dem Format „Rollenlandkarte“ war in diesem Projekt ein entscheidender Durchbruch. Stell dir diese Methode wie ein Schaufenster vor, in dem jeder Einzelne nicht nur seine fachlichen Rollen, sondern auch emotionale Erwartungen und innere Konflikte sichtbar machen kann.

  • Rationale Rollen: Wer übernimmt welche fachlichen Aufgaben? Wo liegen die Verantwortlichkeiten?
  • Emotionale Rollen: Welche ungesagten Erwartungen bestehen zwischen den Teammitgliedern? Wo knirscht es im Zwischenmenschlichen?
  • Rollenkonflikte: Gibt es Überschneidungen, die Spannungen schaffen? Kann jemand alle Erwartungen erfüllen, ohne sich selbst zu verlieren?

Doch die Magie der Rollenlandkarte lag nicht nur in der Methode selbst, sondern in dem Raum, den sie für Ehrlichkeit schuf. Behutsames Nachfragen half dabei, nicht nur die oberflächlichen Konflikte, sondern auch die dahinterliegenden Absichten, Hoffnungen und Enttäuschungen sichtbar zu machen.

Plötzlich wurde klar: Jeder im Raum hatte an irgendeiner Stelle Verletzungen erfahren. Angst, enttäuschte Erwartungen und unausgesprochene Hoffnungen schwebten förmlich über dem Team. Doch durch die Offenheit und die Bereitschaft, sich wirklich zuzuhören, begann ein Verstehensprozess.

Ich nutze als weitere Tools in meiner Prozessmoderation auch Storytelling und Archetypenarbeit, um Verhaltensweisen zu erklären, die für andere irritierend gewesen waren. Dadurch wuchs das Verständnis füreinander. Es gab Momente, in denen sich Menschen tief aus dem Herzen entschuldigten – und andere, in denen echte Vergebung spürbar wurde.

Die Rollenlandkarte war mehr als nur ein Format. Sie war der Schlüssel, um Schicht für Schicht die Unsichtbaren sichtbar zu machen und neue Wege der Zusammenarbeit zu eröffnen.

Struktur statt Chaos: Klare Regeln für Meetings

In diesem Projekt war ein entscheidender Schritt, Meetings überhaupt in den Fokus zu rücken. Denn bisher fanden sie in diesem Team nur projektbezogen statt – nie jedoch, um sich als Führungsteam weiterzuentwickeln oder gemeinsame Themen voranzubringen.

Nachdem wir die drängendsten Konflikte bearbeitet hatten, gab ich ihnen eine Aufgabe: Sie sollten in einem 30-minütigen Meeting ein internes Thema bearbeiten. Doch es kam, wie es kommen musste: Die Diskussionen verliefen sich, sie fielen sich ins Wort, und nach einer Weile machte sich Frustration breit.

Ich stoppte die Runde und bat sie um Feedback: Wie fühlt ihr euch gerade? Was glaubt ihr, woran es liegt, dass ihr nicht vorankommt? In der anschließenden Feedbackrunde identifizierten wir gemeinsam die größten Stolpersteine – und definierten klare Regeln:

  1. Moderation wählen: Eine Person führt durch das Meeting und sorgt für Struktur.
  2. Zeitmanagement: Ein Timekeeper achtet darauf, dass die Zeit eingehalten wird.
  3. Agenda festlegen: Themen werden im Voraus priorisiert und vorbereitet.
  4. Check-ins und Check-outs: Kurze Runden zu Beginn und am Ende schaffen Verbindlichkeit.

Mit diesen Regeln probierten sie es erneut. Es lief besser, aber der Frust war noch spürbar. Hier nutzte ich die Gelegenheit, ihnen das Growth Mindset näherzubringen:

„Wir sind noch nicht gut in der Zusammenarbeit. Aber genau das ist der Punkt: Lernen bedeutet, besser zu werden – und genau das tut ihr gerade.“

Dieser Perspektivwechsel nahm die Frustration aus der Situation. Stattdessen entstand eine spürbare Motivation, es ein drittes Mal zu versuchen. Und tatsächlich: Mit jedem Durchgang lief es besser. Sie erlebten, wie viel sie in kurzer Zeit lernen konnten, und begannen, die Kraft einer lernenden Organisation zu verstehen.

Meine Rolle in der Prozessmoderation

Prozessmoderation bedeutet für mich weit mehr, als nur Methoden anzuwenden oder Meetings zu strukturieren. Es ist eine Haltung. Eine Haltung, die geprägt ist von UnvoreingenommenheitParteilosigkeit und Ergebnisoffenheit.

Ich komme nicht mit vorgefertigten Lösungen oder einem festen Plan, wie etwas „zu laufen hat“. Meine Aufgabe ist es mit der Prozessmoderation den Raum zu schaffen, in dem Teams ihre eigenen Lösungen finden können. Das bedeutet auch, sich auf Unsicherheiten einzulassen und mit dem Chaos umzugehen, das oft Teil eines Veränderungsprozesses ist.

Ein Glaubenssatz begleitet mich dabei seit Jahren – einer, den ich schon meinen Kindern mitgegeben habe: „Es geht immer gut aus. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht fertig.“

Dieser Satz bedeutet nicht, dass ich garantieren kann, dass nach einer Moderation alles perfekt ist. Aber er gibt mir – und den Teams, mit denen ich arbeite – eine Gelassenheit, in schwierige Prozesse hineinzugehen. Er schafft Vertrauen in den Weg und in die Möglichkeiten, die sich auftun, wenn man bereit ist, sich einzulassen.

Prozessmoderation als Schlüssel für erfolgreiche Teams und nachhaltige Organisationsentwicklung

Prozessmoderation ist kein einfacher Job, aber sie ist unglaublich erfüllend. Sie bringt Klarheit, Struktur und neue Dynamik in Teams. Sie hilft, latente Konflikte zu lösen, die Kommunikation zu verbessern und gemeinsame Ziele zu schaffen. Besonders wertvoll ist sie in Situationen wie:

  • Organisatorischen Umbrüchen: Fusionen, Restrukturierungen oder neue Teamzusammensetzungen.
  • Dauerhaften Konflikten: Wenn Spannungen die Produktivität beeinträchtigen.
  • Komplexen Entscheidungen: Wenn viele Stakeholder einbezogen werden müssen.
  • Kulturveränderungen: Beim Aufbau einer offenen Feedbackkultur oder bei der Stärkung von Zusammenarbeit und Eigenverantwortung.

Wenn du dir wünschst, dass auch dein Team durch eine Prozessmoderation besser zusammenarbeitet, Konflikte löst oder einfach nur gemeinsam Großes erreicht, dann lass uns reden. Gemeinsam können wir den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen.

Bis dahin – bleib wild und neugierig!

Deine Vaya Wieser-Weber

Termin vereinbaren: HIER

Keynotes buchen: HIER

Diesen Beitrag teilen

Impulspiloten

Agentur für unkonventionelle
Events und Weiterbildungen

Events

Hybride & Digitale Events

Ralf Schmitt

Vortrag | Moderation | Training

Groth Mindset
Emotionale Intelligenz

Transformation und Change

Organisationsentwicklung


News & Tipps
Vaya's Newsletter