Laut Dr. Marion Bourgeois ist Conscious Leadership der Key-Faktor für Unternehmen, die nicht nur erfolgreich, sondern auch nachhaltig und auf Wachstum ausgerichtet sind. In diesem Podcast-Interview bei „Good Live, Good Business“ erzählt sie uns, warum Fachkräftemangel ihrer Meinung nach ein Symptom für schlechte Führung ist und dass Achtsamkeit und Mindfullness – und so vermeintlich kleine Details wie die Atmung – kein „femininer Firlefanz“ sind, sondern entscheidend für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.
Dr. Marion Bourgeoise scheint fast so, als hätte die Expertin für Conscious Leadership und Breath-Work bereits mehrere Leben gelebt. Sie ist promovierte Physikerin, Bestsellerautorin, Mediatorin und Professorin an der School of Business in Luxemburg. Darüber hinaus hat sie Erfahrung im Vorstand und als Aufsichtsrätin gesammelt und kann neben der Veröffentlichung von über 200 Publikationen in 3 Jahren auch noch ein erfolgreiches eigenes Business vorweisen. Dabei geht ihr absulut nicht die Puste aus! Denn Marion lebt ihre Fokusthemen Selbstbewusstes Führen, Gelassenheit, Resilienz und mentale Stärke so absolut authentisch selbst, dass schon nach den ersten Sekunden klar ist – das wird auf jeden Fall ein charmantes und spannendes Gespräch über moderne Führungsstile.
Die Essenz von Breath-Work
Wie schafft diese Frau es also, all diese Themen zu bearbeiten und dabei so produktiv zu sein? Ihr Ansatz: Erst einmal durchatmen…..Denn Marion erklärt, dass eine ihrer Techniken, mit der sie gezielt auch mit Führungskräften arbeitet, dem Breath-Work, die bewusste Manipulation des Atems zur Erreichung eines gezielten „States“ ist.
Im Kontext von Breath-Work, also Atemarbeit, wird der Begriff „State“ (Zustand) oft verwendet, um den mentalen oder emotionalen Zustand zu beschreiben, in den eine Person durch die Praxis der Atemübungen gelangen kann. Das kann sich auf verschiedene Bewusstseinszustände beziehen, wie tiefe Entspannung, meditative Versenkung oder erhöhte Wahrnehmung.
In Breath-Work-Techniken wird oft durch spezifische Atemmuster der Zustand des Nervensystems beeinflusst, was dazu führen kann, dass man sich ruhiger, energiegeladener oder emotional gelöst fühlt. Der „State“ kann also eine tatsächliche Veränderung in der psychischen, emotionalen oder physischen Reaktion des Körpers darstellen, die durch gezielte Atemtechniken erreicht wird.
1000 Wege und 3 Kategorien zu atmen
Es gibt fast unzählige Arten, den eigenen Atem fließen zu lassen. Grundsätzlich jedoch kann man diese Techniken in 3 Kategorien unterteilen, die sich sehr schön durch die von Marion gewählte Getränkeanalogie von Kaffee-, Whiskey- und Wasseratmung nachvollziehen lässt.
• Die Kaffeeatmung wird zur Aktivierung des Nervensystems genutzt. Nämlich immer dann, wenn wir Energie brauchen, zum Beispiel vor einer Präsentation.
Kurze Einatmung – lange Ausatmung
• Whiskey-Atmung kommt eher für einen Zustand der Entspannung zum Einsatz. Also eher nach einem anstrengenden, konfliktlastigem Meeting.
Lange Einatmung – kurze Ausatmung
• Und die Wasseratmung wäre das fehlende Glied um routiniert über den Tag verteilt in Balance zu bleiben/kommen.
Gleichmäßiges Ein-und Ausatmen.
Welche Rolle spielt die Atmung im Kontext von Conscious Leadership?
Führungskräften für nachhaltiges Unternehmenswachstum für Atemtechniken zu begeistern, könnte heikel sein. Allerdings geht es beim Breath-Working im Kleinen schon um eine viel größere Sache. Und zwar, seinen eigenen Zustand wahrzunehmen. Hier wird ein Bewusstsein dafür entwickelt, ob dieser Zustand gerade passt, oder ob ich gezielt etwas unternehmen möchte, um ihn zu verändern, um mit dem anvisierten State besseren Ergebnissen zu erreichen. Wer diesen Nutzen erkennt, ist schnell begeistert.
Mit einem geweiteten Blick auf Conscious Leadership geht es auch hier im ersten Schritt darum, ein Bewusstsein zu entwickeln, in welcher Situation wir/das Unternehmen/die Mitarbeitenden/die Gesprächspartner sind. Gerade in Umbruchphasen, in denen wir uns immer häufiger befinden, fällt es schwer zu erkennen, welche Ansätze, Mindsets und Strategien im Hinblick auf die sich ändernden Rahmenbedingungen tatsächlich noch wirkungsvoll sind.
Fachkräftemangel ist ein Ergebnis von ineffektiver Führung
Dr. Marion Bourgeoise definiert ganz konkret Conscious Leadership als Gegengewicht zu den Leistungen der KI, mit der wir mehr und mehr Arbeiten rationalisieren, Routinen entwickeln und reproduzierbare Tätigkeiten abgeben. Heute sind die Entwicklungen um uns herum schneller und die Probleme komplexer geworden. Damit wird die bisher vorherrschende Arbeits -und Problemlösungsmentalität des „Analysieren, Lösen und anschließendem Ab-arbeiten“ schon in Kürze überholt sein. Was jetzt zählt ist das Erschaffen einer Atmosphäre, die es ermöglicht, in größtmöglicher Sicherheit Fehler zu machen.
Die große Frage, die sich jetzt stellt, ist, wie geht die Gesellschaft mit dieser Situation um?
Bourgeoise ist überzeugt, was uns von der KI unterscheidet, ist in erster Linie unser Bewusstsein, aber auch unsere Menschlichkeit, die Fähigkeit zur Empathie,dem miteinander Interagieren und dem Empfinden von Gefühlen.
Dort, wo Unternehmen heute noch den Profit vor Conscious Leadership stellen, sind z.B. Burnout-Erkrankungen vorprogrammiert. Der Grund: Unsere althergebrachte Arbeitsweise und die Art zu Führen passt nicht mehr zu den Anforderungen, die an uns gestellt werden. Das schlimme daran: Menschen, die in diesem alten System nicht mehr klar kommen fehlt die Kraft, dagegen anzugehen und verlassen stattdessen das Unternehmen. So wird das Thema Fachkräftemangel schnell zu einem Symptom für schlechte Führung.
3 Tipps für bewusste Führung mit Conscious Leadership
1. Jeder strebt danach, seine Arbeit gut zu machen.
Mit dieser inneren Einstellung können besonders Führungskräfte vielleicht bereits verlorenes Vertrauen in die Mitarbeitenden wieder gewinnen. Denn durch diese innere Haltung wird der negative Zustand „Angst“ zum Beispiel vor Fehlern, Böswilligkeit und Versagen der eigenen Mitarbeitenden zu einer neuen, positiven Haltung der „Neugier“. Aus dieser Perspektive stellt sich nämlich die weiterführende Frage: “Warum macht der Mitarbeitenden seine Arbeit so, wie er sie macht?“, und schiftet damit von einem State der Aufgewühltheit hin zu einem State der positiven Emotionen und des konstruktivem Umgangs mit der Situation.
2. In welchem Mindset befinde ich mich?
Diese Frage bezieht sich nicht nur auf die Führungskraft selbst, sondern führt auch gleich weiter zu der Frage „Wie gehen wir miteinander um?“. Marion Bourgeoise vergleicht die Situation mit einem Klavier. Auf einem gestimmte Klavier spielt es sich leichter als auf einem verstimmten. Dabei gibt es keine guten oder schlechten Töne – alle Töne sind gleich wichtig. Es kommt darauf an, alle Töne klar und bewusst zu spielen, damit eine harmonische Melodie dabei herauskommt.
Diese unterschiedlichen „States“ wahrzunehmen, zu nutzen oder auch zu verändern oder anzupassen ist ungemein wichtiger, als die Daten, Zahlen und Fakten eines Unternehmens jonglieren zu können – denn das über nimmt in Kürze ohnehin die Künstliche Intelligenz!
3. Nicht alles, was gesagt wird, wird auch gehört
Informationen und Veränderungen zu kommunizieren ist eine Sache. Jedoch sollten Conscious Leader sich danach nicht zurücklehnen und den Job für erledigt ansehen, denn : “Gesagt ist nicht gehört…“. In einer bewussten Kommunikation schaut der Sendende über den reinen Versand seiner Nachricht, ob die Message auch tatsächlich angekommen ist. Und darüber hinaus – wie sie angekommen ist!
Mit dem Wissen der unterschiedlichen States macht es einen erheblichen Unterschied, ob Mitarbeitende zum Beispiel von einem Changeprozess erfahren, während sie mitten in einer Krankheitswelle stecken oder gerade aus einem Betriebsurlaub zurückkehren. Es macht auch einen Unterschied, ob eine Führungskraft ein schwieriges Mitarbeitergespräch direkt nach einem anstrengenden Meeting führt oder nach einer entspannten Kaffeepause. Die Fakten sind in beiden Fällen die gleichen – das Ergebnis wahrscheinlich jedoch sehr unterschiedlich!
Gedanken – Emotionen – Handlung
Viele Situationen sind von ihren äußeren Rahmenbedingungen her nicht veränderbar. Helfen kann jedoch das Bewusstsein darüber, dass Gedanken unsere Emotionen steuern und diese wiederum einen großen Einfluss auf unsere Handlungen haben.
Und mit diesem Gedanken kommen wir wieder beim kleinsten Rädchen im Getriebe des Conscious Leadership an: dem Breath-Work. Denn nur wer im ersten Schritt seinen eigenen State bewusst wahrnimmt (und nach Bedarf mit gezielten Atemzügen anpasst) kann auch andere besser wahrnehmen und vom ganz Kleinen hin zum ganz Großen dazu beitragen, das Unternehmen insbesondere in Zeiten von Künstlicher Intelligenz, Fachkräftemangel und Burn-Out Diagnosen ihre Seele eben NICHT verlieren.
Also, bleibt neugierig.
Eure Vaya Wieser-Weber
und das Team der Impulspiloten